Zürcher Piste 28 wird nachts saniert

, ,

15. April 2022: Am 3. April wurde die physische Sanierung mit dem Abbruch eines ersten Teils des Mittelstreifens der Piste 28 ausgelöst. Die Flughafen Zürich AG lud am 13. April Behördenvertreter der Anliegergemeinden Kloten, Opfikon, Oberglatt, Rümlang und Winkel zu einer nächtlichen Besichtigung der Arbeiten auf der Piste. SkyNews.ch war ebenfalls dabei.

Zuvor vermittelten Stephan Widrig (Chief Executive Officer), Stefan Tschudin (Chief Operation Officer) und Hanspeter Moll (Airfield Maintenance) die Situation am Flughafen und im speziellen das Projekt ‘Sanierung Piste 28/10’ selber. Stefan Tschudin stellte als Verantwortlicher für die aviatischen Belange und den Flugbetrieb basierend auf dem Grundsatz ‘Der Flughafen braucht ein sicheres Pistensystem’ die Situation der Pistensysteme und Rollwege vor. Mit den geplanten Verlängerungen der Piste 28 (400 Meter westwärts) und Piste 32 (280 Meter nordwärts) sowie Anpassungen der Rollwege erhofft man sich eine erhöhte Sicherheitsmarge und bessere Betriebsstabilisierung bei jedem Wetter, was wiederum zu einer besseren Pünktlichkeit (und speziell nachts) zu weniger Lärm führt. Der politische Prozess im Regierungsrat und Kantonsrat wurde angestossen. Gemäss Gesetzgebung hat die Zürcher Stimmbevölkerung das letzte Wort zu diesem Vorhaben.

Hanspeter Moll, zuständig für den Unterhalt der Flughafeninfrastruktur, erinnerte daran, dass die Piste 28/10 ein wichtiger Faktor im Pistensystem des Flughafens Zürich geworden sei. Bereits am 1. Juli 1946 wurde der Bau begonnen und zwei Jahre später dem Flugverkehr freigegeben. 1985 wurde sie total saniert und wegen dem Tagebau dazu gesperrt. Heute undenkbar, aber damals wurden Pisten noch betoniert und mussten vollständig aushärten. Was mangels Schnellhärter Zeit brauchte. Während dieser Phase herrscht ein anderes Flugregime, das zusätzlich oder an anderen Orten Lärm verursachte. Man suchte nach Alternativen.

Mit der Sanierung des Mittelstreifens der Pisten 16/34 (2008) und 14/32 (2014) wurde Asphalt verwendet. Nicht zuletzt aufgrund Erfahrungen auf anderen Flughäfen. Es musste auch abgeklärt werden, wie sich der Asphalt mit dem restlichen Beton der Seitenstreifen verhält. Aufgrund der Unbedenklichkeit und der guten Erfahrungen bei den anderen Pisten wird nun auch der rund 25 Meter breite Mittelstreifen der Piste 28/10 mit Asphalt ausgebessert und kann somit ohne Pistensperre nachts durchgeführt werden. Trotzdem bleibt diese Variante teurer und der Deckbelag muss in kürzeren Intervallen von acht bis zehn Jahren wieder ausgebessert werden.

Zusätzlich wird für diese Piste auch die gesamte Pistenbefeuerung von Halogen auf LED umgestellt. Sandro Merlato (PL Technik) erläuterte, dass nicht nur die Lampen ersetzt würden, sondern die ganze Steuerung neu und redundant aufgebaut werden musste. Bereits 2019/2020 wurden dazu drei neue Trafostationen erstellt und die entsprechenden Elektroleitungen verlegt. Die neuen LED-Leuchten sind robuster, dank eigener Intelligenz wartungsärmer und sparen bis zu 75 Prozent Energie. Die bessere Lichtechtheit bietet zudem eine erhöhte Sicherheit und wird von den Piloten als sehr angenehm wahrgenommen. Es werden rund 1300 Lampen ersetzt. Bis allerdings der gesamte Flughafen auf LED umgestellt sein wird werden noch zehn Jahre vergehen.

Der Lärm ist auch während der nächtlichen Arbeiten ein Thema und wird gemäss Peter Meili (Lärmschutz & Messungen) laufend an vordefinierten Orten überwacht. Zur Lärmreduzierung werden entlang der Baustelle jeweils mobile Lärmschutzwände auf Sattelschleppern aufgefahren und es finden keine Transporte durch Wohngebiete statt.

Bereits um 16 Uhr wird jeweils entschieden, ob die Nacht (ohne Freitag und Samstage) für weitere Bauarbeiten zu nutzen sei. Vorfertigungen von Materialien (etwa Asphalt) werden an den Fertigungsstandorten ausgelöst und in die Nähe des Flughafens gebracht. Sofort nach der letzten Landung auf Piste 28 um etwa 23.30 Uhr (am 13. April war es ein Airbus A321 der Swiss) wird diese gesperrt und für den Bautrupp mit rund 100 Mitarbeitern und Spezialfahrzeugen freigegeben. Die eintrainierten, minutiösen, absolut präzisen und eindrücklichen Arbeiten können beginnen (übrigens, das Zeitfenster von fünfeinhalb Stunden kann aufgrund der verspäteten Ankunft des letzten Flugzeuges auf Piste 28 schon etwas strapaziert werden).

Der grobe Ablauf pro Nacht:

  • Aufbau der Lärmschutzwände
  • Abbruch/Abtransport des bestehenden Betons. Zwei 90 Tonnen-Bagger brechen die alten 30 Zentimeter dicke Betonplatten ab, auf einer Länge von etwa 60 Meter und einer Breite von rund 23 Meter. Eine Betonplatte wiegt rund 26 Tonnen
  • Abfräsen der Fundation (da der neue Belag dicker werden wird)
  • Einbringen einer rund 38 Zentimeter dicken Niedertemperatur-Asphaltschicht (Trag- und Binderschicht)
  • Einbau der neuen Mittellinienbefeuerung
  • Markierung der Mittellinie
  • Endreinigung, Sicherheitskontrolle und Abnahme der Piste

Um 7 Uhr, der Asphalt ist auf rund 80 Grad ausgekühlt, erfolgt die Pistenfreigabe und die erste Maschine startet. Später, nach 10 bis 15 Nachtetappen, wird jeweils in 120 Meter-Sektionen der endgültige Deckbelag eingebracht. Dazu wird der nun vollständig ausgekühlte Asphalt nochmals um vier Zentimeter abgefräst und dann wieder mit dem hochwertige Deckbelag ergänzt. Für eine verbesserte Rutschfestigkeit und um Aquaplaning zu vermeiden wird er anschliessend noch rilliert.

Es ist geplant die Sanierung des Mittelstreifens und der Ersatz der Pistenbefeuerung in 70-80 Nachteinsätzen (wetterabhängig) bis Anfang August 2022 abgeschlossen zu haben. Bis dahin werden 26’000 Kubikmeter Material abgeführt (und grösstenteils rezykliert) und 63’000 Tonnen Asphalteingebaut sein. Die Bauinvestition von 87,8 Millionen Franken ermöglicht so einen sicheren Betrieb für die nächsten Jahrzehnte. Fotoreport Thomas P. Hofer