157 Tote nach erneutem Absturz einer B737MAX 8

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Nur sechs Minuten nach dem Start in Addis Abeba um 8.38 Uhr Lokalzeit stürzte eine praktisch werksneue Boeing 737MAX 8 von Ethiopian Airlines am 10. März ab. Der Flug „ET302“ hatte Nairobi als Ziel. Alle 157 Personen an Bord kamen ums Leben.

Zum Zeitpunkt des Unfalles herrschte gutes Wetter, mit einer Sicht von mehr als zehn Kilometer, 16 Grad Celsius und wenigen Wolken auf rund 800 Metern über Grund. Beim Unglücksflugzeug handelt es sich um die erst Mitte November 2018 an Ethiopian Airlines ausgelieferte Boeing 737MAX 8 ET-AVJ. Sie hat am 17. November den Linienverkehr aufgenommen. Etihopian hat insgesamt 20 B737MAX 8 bestellt, fünf waren bereits im Dienst.

Damit ist nach der PK-LQP der indonesischen Lion Air eine zweite, praktisch werksneue Boeing 737MAX 8 aus noch ungeklärten Gründen verunfallt. Beim Lion-Air-Crash vom 29. Oktober 2018, ebenfalls, kurz nach dem Start, kamen auch alle Personen an Bord, insgesamt 189, ums Leben. Ersten Erkenntnissen der Unfallermittler zufolge, gab es beim Lion-Air-Unfall Probleme mit fehlerhaften Daten des Anstellwinkelsensors der 737MAX. Die US-Luftfahrtaufsichtsbehörde FAA erliess darauf eine Lufttüchtigkeitsanweisung (Emergency Airworthiness Directive, AD) mit höchster Dringlichkeit. Diese betrifft insbesondere das Maneuvering Characteristics Augmentation System (MCAS), welches bei den MAX-Modellen kritische Flugsituationen erkennen und korrigieren soll. MCAS wurde notwendig, weil die nach vorne verschobenen, vergrösserten Triebwerksgehäuse bei hohen Anstellwinkeln einen relativ starken Auftrieb erzeugen, was im Vergleich zu den 737NG-Modellen eine schlechtere Kontrollierbarkeit zur Folge hat. Gemäss Medienangaben hat der Hersteller Boeing die Existenz dieses MCAS bewusst verschwiegen, um die Umschulung der Piloten von 737NG auf 737MAX zu vereinfachen.

Dass nun eine zweite Boeing 737MAX auf eine ähnliche Weise – ebenfalls kurz nach dem Start – verunfallt ist, lässt höchste Besorgnis aufkommen. Aktuell sind etwas mehr als 350 Boeing 737MAX der Versionen 8 und 9 ausgeliefert. Über 5000 (!) sind insgesamt bestellt. Bei der MAX handelt es sich um die neuste Version des Boeing-Klassikers 737, der am 9. April 1967 – also vor bald 52 Jahren – zum Erstflug abhob. Die hauptsächlichen Verbesserungen gegen über der Vorgängerversion 737NG liegen bei den CFM LEAP-1B Triebwerken, welche bis zu zwölf Prozent weniger Treibstoff verbrauchen und so sieben Prozent bessere Operationskosten bieten. Allerdings sind die MAX-Versionen rund drei Tonnen schwerer als ihre Vorgängerinnen und weisen aufgrund der veränderten Triebwerksposition andere Charakteristiken im Handling auf.

Aufgrund der beiden Unfälle mit 737MAX 8, welche insgesamt 346 Menschenleben forderten, sind Boeing und die amerikanische Flugaufsichtsbehörde Federal Aviation Authority FAA, welche die 737MAX zugelassen hat, stark gefordert. In jüngerer Zeit sind keine ähnlichen Unfälle von werksneuen Verkehrsflugzeugen bekannt. Ein weltweites Grounding der 737MAX ist nicht ausgeschlossen, bis die Ursachen der beiden Abstürze geklärt sind. Bei mittlerweile über 350 ausgelieferten Maschinen hätte eine solche Massnahme erhebliche Auswirkungen auf den Luftverkehr.  Hansjörg Bürgi