Mirage-Verein Buochs: noch keine Lösung

, , ,

02. Oktober 2022: Der Mirage-Verein Buochs (MVB) sucht weiter nach einer Lösung für den Weiterbetrieb oder die Entsorgung seines Mirage III-Triebwerks ATAR 9C. Die Mitglieder waren am 24. September zu einer ausserordentlichen Mitgliederversammlung geladen. Das einzige Thema war dem Atar 9C-Triebwerk des vereinseigenen Mirage IIIRS R-2109 gewidmet. Das herrschende düstere und regnerische Wetter bot der existenzbedrohenden Situation für den Verein einen treffenden Rahmen. Eine Lösung zeichnet sich noch nicht ab, eine zweite ausserordentliche Versammlung ist notwendig.

Nach der Begrüssung der 56 anwesenden Mitglieder erläuterte Präsident Olivier Borgeaud die Sachlage: Am 20. April 2006 erhielt der Mirage-Verein Buochs, der zum Zweck des Erhalts von Mirage III Flugzeugen und der ideellen Weiterführung der Mirage-Ära in der Zentralschweiz gegründete wurde, eine Schenkung in Form eines Atar-Triebwerks. Das Triebwerk, konkret vier Komponenten, enthält wegen der nötigen hohen Hitzebeständigkeit Bestandteile aus einer Magnesium-Thorium-Legierung. Das Metall Thorium ist leicht radioaktiv. Es wirkt auf den menschlichen Körper zwar nicht so toxisch wie Uran oder andere radioaktive Elemente, allerdings erhöht es als radioaktives Element die Wahrscheinlichkeit, an Lungenkrebs zu erkranken, wenn Stäube eingeatmet werden. Thorium gehört zu den Wohngiften, kommt stets mit Radon vor und ist auch im Tabakrauch oder Beton enthalten. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) knüpfte die Bewilligung für den Besitz und Unterhalt von historischem Armeematerial, das radioaktive Stoffe enthält, an die Sicherstellung und Finanzierung der späteren Entsorgung. Das BAG legte 2006 die Entsorgungskosten auf 75’000 Franken fest. Nach dem Vorliegen eines Entsorgungskonzepts mit jährlichen Einlagen von 1500 Franken von 2006 bis 2056 in einen eigenen Entsorgungsfonds erteilte das BAG dem MVB eine Bewilligung für den Umgang mit ionisierenden Strahlen bis 10. November 2024. Bis heute konnte der MVB so rund 40’000 Franken im Fonds für die Entsorgung bereitstellen.

In einem Schreiben vom 7. Oktober 2021 informierte das BAG den MVB, dass die erforderlichen finanziellen Mittel für die spätere Entsorgung von Material, das radioaktive Stoffe enthält, mit der Revision der Verordnung über die Gebühren im Strahlenschutz vom 1. Februar 2021 stark angestiegen seien. Als Folge einer falschen Adressierung erreichte der Brief den MVB-Vorstand nicht direkt, sondern erst viel später über Umwege. Für die Entsorgung der betroffenen Triebwerksteile rechnet das BAG mit Entsorgungskosten von neu rund 300’000 Franken. Das sind rund viermal mehr als bei der Schätzung von 2006. Der hohe Anstieg der Kosten ist dem Umstand geschuldet, dass die Trennungsanlage von Magnesium und Thorium der Armasuisse auf Ende 2023 liquidiert werden soll. Danach kann die Trennung nur noch im langsameren und teureren Labormassstab erfolgen. Die finanziellen Garantien des MVB müssen folglich an die neuen Gegebenheiten angepasst werden. Der MVB wurde aufgefordert, ein aktualisiertes Finanzierungskonzept für die Entsorgung einzureichen. Der Verein müsste somit die Äufnung des Entsorgungsfonds auf jährlich rund 7500 Franken erhöhen. Dies wäre ohne eine Erhöhung des Mitgliederbeitrages um rund 15 bis 25 Franken nicht möglich. Eine solche Erhöhung würde wohl bei den heute 300 Mitgliedern zu Austritten führen und den MVB in seiner Existenz gefährden.

Der Vorstand organisierte am 11. April 2022 daraufhin einen «Runden Tisch» mit von der starken Erhöhung der Entsorgungskosten ebenfalls betroffenen Organisationen und Personen sowie Fachexperten seitens Armeestab, Armasuisse, Museum Clin d’Ailes (Payerne), Rotortec, der Fachstelle Strahlenschutz des Labors Spiez sowie dem BAG selber. Der «Runde Tisch» endete ohne nutzbares Ergebnis. Der Vorstand forderte zudem bei der Armasuisse eine detaillierte Offerte für die Entsorgung ein, die am 20. Juli 2022 eintraf und als «grober» Schätzwert für die Entsorgungskosten dienen sollte. Parallel suchte er nach alternativen Entsorgungslösungen für die geforderte Trennung der Magnesium-Thorium-Legierung. Europaweit konnten bisher aber keine weiteren Dienstleister gefunden werden.

Der Vorstand unterbreitete der MV nun zwei Varianten für die Zukunft, wobei dem Erhalt des Vereins oberste Priorität beigemessen wurde: Variante 1 verfolgt den Weiterbetrieb des Atar-Triebwerks mit Erhöhung der jährlichen Fondseinzahlung und des Mitgliederbeitrages. Gleichzeitig wurde fairerweise darauf hingewiesen, dass der Zahn der Zeit am Triebwerk nagt und dieses jederzeit versagen könnte. Aber auch andere Bauteile des Flugzeugs wie Tanks, Leitungen oder Verkabelung  sind altersbedingt ausfallgefährdet und könnten mangels fehlender Ersatzteile nicht mehr repariert werden.  Die Variante 2 verfolgt die Entsorgung des Triebwerks. Sie umfasst die Suche nach einem Abnehmer des Triebwerks (etwa ein Museum) oder die Zerlegung bis Ende März 2023 (Deadline für die Einleitung der Entsorgung mit den tieferen ursprünglich geplanten Kosten).

Nach der Einführung in die aktuelle Situation durch den Präsidenten Olivier Borgeaud brach unter den anwesenden lediglich 50 Mitgliedern eine lebhafte Diskussion aus, die ein breites Spektrum von Forderungen und Verhaltensanweisungen für den Vorstand umfasste. Ein kurz vor der Mitgliederversammlung eingegangener Antrag eines Mitglieds konnte wegen der fehlenden Statutenkonformität nur konsultativ behandelt werden. Der Vorstand beabsichtigte anfänglich über seinen Antrag zur Ermächtigung des Vorstandes für Handlungsfreiheit abstimmen zu lassen, zog diesen dann aber aufgrund der uneinheitlichen und kämpferischen Voten nach einer kurzen vorstandsinternen Diskussion zurück. Der Vorstand holte sich hingegen von der Mitgliederversammlung den Auftrag ab, in verschiedenen Arbeitsgruppen weiter die Rechtslage, die technischen Entsorgungsmöglichkeiten und die politische Unterstützung abzuklären sowie nach Geldgebern zu suchen. An einer zusätzlichen ausserordentlichen Mitgliederversammlung Mitte Dezember 2022 soll dann mit weiteren Erkenntnissen aus den Arbeitsgruppen über die Ausrichtung des weiteren Vorgehens entschieden werden.  Nach einer dreistündigen intensiven Information und Diskussion schloss Olivier Borgeaud die Versammlung mit dem Dank für die Teilnahme und die Bereitschaft zur Mitarbeit. Das Ziel des Vereins, vorwärts zu machen, ist gegeben!  Fotoreport Peter Gerber